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Barks: Sind Rahmen Grenzen?

Bereits in seinem Anlesertext deutet Jörg Digmayer an, dass sein nachfolgender Text eine etwas ketzerische Beurteilung des Werkes von Carl Barks ist. Aber, schon der Titel der Rubrik zeigt, dass es sich um seine persönliche Meinung handelt und die sei ihm natürlich unbenommen. Wer eine Meinung äußert und dieses auch eindeutig kennzeichnet, handelt journalistisch einwandfrei.

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Dieser Artikel wurde in der Print-Ausgabe der Comicfachzeitschrift Xoomic veröffentlicht. mehr...

Grundsätzlich teile ich Digmayers Meinung sogar, auch mir entrang der Spitzenplatz der Duck-Comics bei der Speedline-Erhebung nur ein mildes Lächeln: Barks vor den Werken eines Eisner, Goscinny, Herge oder Foster? Nunja, das entspricht eben nicht meiner Meinung, aber Digmayer liefert ja sogar die Erklärung dafür: "Walt Disney hatte ein brillantes Gespür", das exakte Ausloten des Massengeschmacks war sein Erfolgsgeheimnis. (Und damit das der Duck-Comics.)

Einige Details aber verknüpft Digmayer (meiner Meinung nach) falsch, dadurch entwertet er seine Meinung.

Die enge Verzahnung Disney-Barks, die Digmayer in seinem Text impliziert, entspricht ungefähr der Behauptung: Karl Mays Romane sind die Drehbücher für die Winnetou-Filme der 60er Jahre.

Barks' Comics sind nicht für Disney entstanden, nach seiner Zeit als Trickfilmzeichner war er niemals Lohnknecht bei Disney. Barks' Auftraggeber war Western Publishing. Die wiederum haben auch nicht im Auftrag von Disney gearbeitet, sondern Disney dafür bezahlt, um mit seinen Figuren Comics zu produzieren, waren also Lizenznehmer.

Vieles deutet sogar daraufhin, dass Disney (der Mann wie das Unternehmen) an den Comics überhaupt kein Interesse hatte, solange sie Geld einbrachten und Disneyschen Standard einhielten. Dies führt dazu, dass die kreativen Restriktionen für Barks aber eher größer waren, als wenn er direkt für Disney gearbeitet hätte. Western Publishing hatte die Lizenzen (wahrscheinlich) teuer bezahlt und kein Verlangen danach sie zu verlieren. Um Disney nicht zu provozieren, war die Schere im Kopf der WP-Verantwortlichen (Barks hat sich mehrfach über Zensur geäußert) eher noch größer, als sie bei Disney gewesen wäre. Für die Argumentationsführung von Digmayer bedeutet das aber, dass der oder die verantwortlichen Redakteure bei Western entscheidenden Anteil am Werk Carl Barks' haben. Darauf geht er aber nicht weiter ein.

Doch das Werk Carl Barks' ist sein Werk und nicht das Werk eines "Lohnknechtes" im Auftrag von Disney. Zugegeben, er hat es nicht ausschließlich mit Figuren erschaffen die er erfunden hat, aber er hat die Disney'schen Vorgaben interpretiert, erweitert, in neue Kontexte gesetzt und um viele Figuren bereichert die originär seine Schöpfung sind. Man stelle sich nur vor, das amerikanische Copyright wäre dem europäischen Urheberrecht ähnlicher, dann gebe es heute vielleicht keine Disney-Comics mit Onkel Dagobert, den Panzerknackern, Daniel Düsentrieb, Gundel Gaukeley, usw. (man vergleiche: Franquin, Spirou, Marsupilami). Schlussendlich war es sein Ideenreichtum und die Qualität seiner Geschichten, seiner Zeichnungen und seiner Erzählweise, die ihn aus der Anonymität der Auftragszeichner herausgehoben hat. Barks hat dem Disney'schen Universum mehr zurückgegeben, als er als Basis erhalten hat.

Somit hat Barks sich alle Rechte erarbeitet, als eigenständiger Comickünstler betrachtet zu werden, auch wenn er sich selbst nie so gesehen hat.

Und genau dies lässt die Gedankenspielerei von Digmayer ins Leere laufen. Ein "entfesselter" Carl Barks, also ein Barks unabhängig von allen ökonomischen Zwängen wäre wohl nicht auf die Idee gekommen eine Karriere als Comickünstler anzustreben (zumal Comics damals auch noch kein künstlerischer Anspruch zugesprochen wurde). Vielleicht Cartoonist, vermutlich aber wäre er nur ein (zweitklassiger) Landschafts- oder Portrait-Maler geworden.

Gerade die Tatsache, dass er seine Comicarbeit als Lohnarbeit sah und auf seine altmodische Art das Verlangen hatte, für gutes Geld auch gute Leistung zu erbringen, förderte seinen Ehrgeiz, optimale Unterhaltung abzuliefern. Wir sollten froh sein, dass Barks seinen Lebensunterhalt mit Comics bestreiten musste, um wieviel ärmer wäre das Medium ohne die Barks'schen Geschichten und Figuren.

Und noch eins: der Kunstbegriff Digmayers scheint mir ein wenig zu eng gefasst. Kein Künstler kommt aus dem Nichts, es gibt immer Vorbilder, Mentoren, einflussreiche Personen oder Partner. Wenn Kunst wirklich nur etwas absolut originäres und aus sich selbst heraus Entstehendes sein kann, etwas was noch nie da war, dann kann kein Fotograf Künstler sein, da er etwas ablichtet was existiert. Dann kann kein Schriftsteller Künstler sein, da er Sprache benutzt, die er nicht erfunden hat. Dann kann kein Schauspieler, kein Musiker Künstler sein, da es Partituren, Regisseure, Dirigenten gibt.

Künstler erschaffen auf Basis von gemachten Erfahrungen mit bestehenden Ideen und vorhandenem Material Neukombinationen die einzigartig und daher originär erscheinen. Erfolgreiche Kunst kommt ohne Grenzen nicht aus, gerade das Anecken, das Provozieren ist ja ein elementarer Bestandteil der Kunst. Aber die Grenzen werden nicht durchbrochen sondern ganz langsam, manchmal unmerklich ausgeweitet (Wer regt sich heute noch über falsche Perspektiven in Picassos Bildern auf?). Genau das leistete Carl Barks für und mit Disney.

Daher liegt Jörg Digmayer mit seinem abschließenden Resümee durchaus richtig: das Barks'sche Comic-Werk ist untrennbar mit Disney verflochten.

Dennoch: eine selbständige Würdigung ist möglich, ich sehe das nicht als Widerspruch: Es ist und bleibt das Werk Barks' - Disney lieferte den Rahmen der Möglichkeiten. (msch)



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