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Franquin, André

André Franquin wurde am 3. Januar 1924 in Brüssel (Belgien) geboren. 1945 fand er eine Anstellung in einem Zeichentrickfilmstudio, nachdem er zuvor an der Kunstakademie Saint Luc studiert hatte.

Er machte dort die Bekanntschaft mit den damals jungen Zeichnern Morris, Eddy Paape und Peyo. Diese Künstler sollten später entscheidend für die Entwicklung der frankobelgischen Comic-Kultur sein. Mit ihnen wechselte er 1946 zum Magazin Spirou. Die Zeitschrift wurde 1938 vom in Marcinelle ansässigen Verlagshaus Dupuis gegründet. Die Titelfigur Spirou wurde anfangs von RobVel (Robert Velter), ab 1944 von Jijé (Joseph Gilain) gestaltet. 1946 übernahm Franquin die Serie von Jijé und zeichnete Sie bis 1968.


© 2001 der Abbildung: André Franquin, Dupuis, Carlsen.

Schilderten die frühen Geschichten die Abenteuer des Hotelpagen Spirou, der zusammen mit seinem Freund Fantasio recht einfache gestrickte Abenteuergeschichten zu bestehen hatte, so verstand es Franquin, die Serie im Laufe der Zeit so weiterzuentwickeln, wie wir sie heute kennen. Mit der Einführung zahlreicher Nebenfiguren und der Weiterentwicklung der bestehenden Charaktere schuf Franquin einen Mikrokosmos intelligenter Unterhaltung. Neben dem genialen Marsupilami waren dies die Figuren Zyklotrop, Graf von Rummelsdorf und Zantafio. Durch die Vielschichtigkeit der Charaktere erschlossen sich Franquin fast grenzenlose Gestaltungsmöglichkeiten.

Im Jahre 1955 kam es zu einem Disput zwischen Franquin und seinem Verleger Dupuis. Franquin bewarb sich daraufhin beim Konkurrenzmagazin Tintin und schuf die Serie Modeste et Pompon (dt.: Mausi & Paul bei Comic+). Kurz darauf versöhnten sich Dupuis und der Zeichner wieder, so dass Franquin neben seiner normalen Arbeit an Spirou auch für die Konkurrenz arbeitete, da er dort einen langfristigen vertrag unterschrieben hatte. Erst 1957 gab er Mausi & Paul an Dino Attanasio ab. Zu dieser Zeit schuf er auch die Serie Gaston. Gaston ist ein chaotischer und fauler Redaktionsbote. Anfangs waren es noch halbseitige Gag-Strips, die das Chaos, das die Hauptfigur in den Redaktionsräumen anrichtete, schilderten. Gaston entwickelte sich aber zum absoluten Publikumsliebling, so dass Franquin 1968 Spirou an den Zeichner Fournier abgab um sich fortan hauptsächlich seinem Redaktionsboten zu widmen. Da die Rechte an der von ihm geschaffenen Figur Marsupilami bei ihm lagen, musste Spirou fortan ohne das gelbe Fabelwesen auskommen. Lediglich beim ersten Album, das Jean Claude Fournier zeichnete, unterstütze Franquin den neuen Zeichner dahingehend, dass er das Marsupilami in die Panels einzeichnete.

Franquin war als junger Zeichner ein technikbegeisterter, optimistischer Mensch. Das zeigt sich auch inhaltlich in den frühen Comics der 50er Jahre. Mit der Zeit verlor der Künstler aber seine optimistische Grundhaltung. Die Spirou-Episoden der 60er Jahre belegen dies eindrucksvoll. Gerade die Zyklotrop-Folgen sowie QRN ruft Bretzelburg sind gesellschaftskritisch und prangern politische Missstände an. Die moderne Technik sieht Franquin nun eher als Bedrohung und schildert seinen jungen Lesern auf humoristische, keinesfalls belehrende Art und Weise die Grenzen der menschlichen Vernunft und die Gefahren von Größenwahn und Machtstreben.

Diese Sichtweise der Dinge sollte sich in den Spätwerken des Künstlers noch steigern. Die ersten 1977 in der kurzlebigen Spirou-Beilage Le Tombre Illustré veröffentlichten Folgen seiner Idées Noires (dt.: Schwarze Gedanken/Alpha-Verlag) sind bitterböser, sadistisch-sarkastischer schwarzer Humor. Die Serie wurde später in Fluide Glacial fortgesetzt.

Das Marsupilami, von dem Franquin in den 70er Jahren nur wenige Kurzgeschichten zeichnete, erlebte Mitte der 80er Jahre einen zweiten Frühling. Bei Marsu-Productions erscheinen Comic-Alben des Fabeltieres, die von Batem gezeichnet und vom kürzlich verstorbenen Greg getextet wurden. Franquin betreute die Serie nur konzeptionell.

André Franquin gilt als Meister der Schule Marcinelle und war Stilbildend für die Gattung des Semi-Funny-Comics. Fast alle Nachwuchstalente orientierten sich an ihm. Wer heute ein aktuelles Spirou-Heft aufschlägt, dem wird klar, dass diese Comic-Schule ohne das Wirken Franquins so nicht existieren würde.

Am 4.Januar verstarb André Franquin in Nizza. (fk)

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